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02.Nov.2018


Mit dem Indian Pacific unterwegs


Nachdem ich vor nicht mal drei Monaten schon mit der Transsibirischen Eisenbahn gefahren bin, reizt mich jetzt auch eine weitere lange Bahnstrecke: Der Indian Pacific, der, daher auch der Name, vom indischen Ozean zum Pazifik fährt und Australien in ganzer Breite durchquert. In vier Tagen von Perth bis Sydney. Oder in drei Tagen von Perth bis Adelaide. (laut Werbeaussage, rein technisch gesehen, sind es bloß 44 Stunden).

Leider gibt es die günstige Red-Class seit ein paar Jahren nicht mehr, so dass ich gezwungen bin die Gold-Class zu nehmen. Ausgerechnet an dem einzigen Termin, der für mich in Frage kommt (Der Zug fährt bloß einmal pro Woche), gibt es auch noch so viele gold-single Kabinen, dass es etwas Rabatt gibt. Zwei Befürchtungen plagen mich allerdings: Bei dem Preis sind wahrscheinlich vor allem alte Leute in dem Zug unterwegs und dass auch noch in feiner Garderobe.

So ziehe ich also meine besten Klamotten an: Eine schwarze Zip-Off-Hose und das letzte saubere Hemd und begebe mich morgens um 9:00 zum Bahnhof zum Einchecken. Am Bahnhof spiel ein Musiker und es werden heiße Getränke und Häppchen gereicht.

Außerdem befindet sich ein Filmteam vor Ort. Angeschlagene Plakate verkünden, dass ein kanadisches Filmteam von "Mighty Trains" mit an Bord sein wird.

Das Publikum ist gemischt, es befinden sich auch eine ganze Anzahl jüngerer Leute am Zug. Allerdings stellt sich heraus, dass die meisten davon lediglich ihre Großeltern zum Zug begleiten. Zumindest was die Kleidung anbelangt sind meine Sorgen unbegründet: Mit meinen schwarzer Zip-Offs liege ich noch gut im Mittelfeld. (Der gemeine Australier gilt schon als gutgekleidet, wenn er keine Flipflops trägt).

Der ganze Zug verfügt über 30 Wagen und auf eine Länge von fast 750 Metern. Immer vier Wagen sind mit einer Lounge und einem Restaurant zusammengefasst. Die Einrichtung der Wagen sind unterschiedlicher Aktualität. Mein Gold-Single-Wagen scheint erst kürzlich modernisiert worden zu sein. Neben vier Toiletten hat der Wagen sogar zwei geräumige Duschen. Das Abteil ist klein und funktional.

 


Inklusive sind Essen und Getränke sowie einige Ausflüge. So begebe ich mich auch erstmal in die Lounge für einen Sekt. "Oh a Helicopter" höre ich neben mir. Ich denke noch "hat die noch nie einen Hubschrauber gesehen" als ich hochschau und den Hubschrauber gerade mal 30 Meter von uns entfernt sehe, mit grosser Kamera in Front beim Filmen des vorbeifahrenden Zuges. Der Heli der Filmcrew begleitet uns noch die ersten drei Stunden bis er abdreht und zurück nach Perth fliegt.

Mittags und abends wird in drei Schichten gegessen. Dabei wird man jedesmal neu zusammengesetzt, so dass man andere Mitreisende schnell kennenlernt. Außer am zweiten Vormittag: Beim "Brunch" entscheide ich mich, den Schwerpunkt auf das Frühstück zu legen. Im Restaurant sind um die Uhrzeit nur ein paar Tische belegt. Ich werde von der Dame des Wagens an einen neuen Tisch gesetzt. !5 Minuten später kommt die Dame des Restaurantwagens und entschuldigt sich, dass keine weiteren Tischnachbarn aufgetaucht sind. Und um mir die Hoffnungslosigkeit meiner Lage noch vor Augen zu führen räumt sie demonstrativ die übrigen drei Gedecke ab. (Ich muss nicht extra erwähnen, dass prompt exakt drei Minuten später die einzige jüngere Dame aus meinem Zugabschnitt auftauchte und an einen neuen Tisch gesetzt wurde)

Für die erste Nacht steht ein Ausflug auf dem Programm: In Kalgoorlie kann man ein paar Goldgräbergeschichten lauschen und die Grube eines Tagebaus sehen. Allerdings erst um 21:00 bis 23:30. Ich bin mir nicht sicher, ob man da wirklich noch viel in dem großen Erdloch sieht und da ich gerade etwas angeschlagen bin, beschließe ich, lieber im Zug zu bleiben um in meinem Abteil zu lesen. Um 23:00 will ich mir einen heißen Tee aus der Teeküche des Wagens holen. Im gesamten Zug ist es mucksmäuschenstill.

Selbst das Personal scheint beim Ausflug zu sein. Leider funktioniert das Heißwasser nicht, so dass ich einen Wagen weiterlaufe, um dort Wasser zu zapfen. Offensichtlich sind die einzelnen Abschnitte alarmgesichert, denn als ich im Übergang zum nächsten Wagen bin ertönt ein lautes Pfeifen. Gleich darauf flammen Taschenlampen außerhalb des Zuges auf. Ich beschließe, dass ich jetzt mal in mein Abteil zurückmuss und da demonstrativ das Licht anmache, damit man von außen sieht, dass ich bloß harmloser Passagier bin. Kurz danach seh ich die Taschenlampen wieder an meinem Abteilfenster vorübergeistern... gefolgt von einer großen Kamera. Das war gar nicht der Sicherheitsdienst, sondern die Filmcrew bei Außenaufnahmen.


Früh um 6:00 kommen wir irgendwo im Nirgendwo an. Wer will kann aussteigen und Kaffee und Snacks bei Musik genießen. Ich wunder mich noch, warum die Passagiere bei unserem Ausgang etwas unschlüssig vor der Tür stehenbleibe. Bis ich als erster aus dem Wagon herausstürme und mich prompt direkt Auge in Auge mit der Kamera befinde, die die Leute beim Verlassen des Zuges filmt. Ganz toll...gerade erst aufgestanden und ungekämmt im kanadischen Fernsehen!


Außen treffe ich Chris, den ich beim Abendessen kennengelernt habe. Er hat den Ausflug der vergangenen Nacht mitgemacht: Man hat ein grosses kaum beleuchtetes Erdloch gesehen. Ich habe tatsächlich nicht viel verpasst.
Vormittags gibt es im Zug "Brunch". Das bedeutet, man kann Frühstück und Dessert ODER Mittagessen und Dessert haben. Warum es in der ersten Tageshälfte nur eine Mahlzeit gibt erklärt sich schnell: Kurz danach wird die Uhr um 2,5 Stunden umgestellt, so dass es ein sehr frühes Abendessen gibt.


Vorher kommen wir aber noch Cook an. Ein kleiner Ort, der einst sogar eine Schule und ein Krankenhaus hatte. Bis man gemerkt hat, dass man die Siedlung eigentlich nur zum Bau der Bahnstrecke gebraucht hat. Jetzt leben hier nur noch vier Leute, der Rest ist ein Geisterort.

In der Lounge des Zuges tritt ein Musiker auf, der für 45 Minuten Gassenhauer spielt, bevor er sechs Wagen weiter zur nächsten Lounge zieht.


Ein letztes Mal wird die Zugbar durchprobiert, bevor ich mich in mein Abteil zurückziehe. Um 7:50 kommen wir nach einem kleinen Frühstück und 30 Minuten Verspätung endlich in Adelaide an. Man verabschiedet sich von den Leuten, die man kennengelernt hat, bevor die Einen einen Ausflug in die Stadt machen und die anderen (auch ich) den Zug endgültig verlassen.

Auch wenn dieses Schild in der Landschaft skuril wirkt, hier wurde kein Busch als "Wald" deklariert. Dieser kleine Halt wurde nach dem australischen Politiker John Forrest benannt :-)

 



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Kommentare

von heidi um 04.Nov.2018 um 09:20


Toll die Bilder und deine lustigen Erzählungen, geh ich recht, das du demnächst auch mal im Kino zu sehen sein wirst???? :-) zum Beispiel als aus dem Zug stürmender Reisender. :-) :-)
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(c) aller Bilder und Texte liegt ausschlieslich bei mir (Dirk Noeldner).